Dann bauen wir eben weniger Autos....
"Dann bauen wir eben weniger Autos"
Porsche-Chef Wendelin Wiedeking über die Rabattschlacht im Kfz-Handel
WELT am SONNTAG: Herr Wiedeking, der Wind hat sich jetzt auch bei Ihnen gedreht. Sie mussten mehrfach Ihre Absatzprognose revidieren und drücken auf die Kostenbremse. Was ist der Grund?
Wendelin Wiedeking: Die Konjunktur, und zwar weltweit. Hinzu kommt, dass in Deutschland die Menschen auf die notwendigen Reformen warten. Sie halten sich deshalb mit ihren Konsum- und Investitionsausgaben zurück und sparen, wo es nur geht. Und in den USA haben der 11. September und der Irak-Konflikt die Wirtschaft durcheinander gewirbelt. Wir bei Porsche haben aber sehr schnell darauf reagiert und unsere Sportwagenproduktion zurückgefahren, weil wir uns nicht mit Rabatten den Markt kaufen wollen.
WamS: Was ist so schlecht an Rabatten?
Wiedeking: Jeder gewährte Rabatt auf Neuwagen greift dem Altfahrzeugbesitzer ins Portemonnaie. Wenn dieser beabsichtigt, sein Fahrzeug wieder zu verkaufen, wird er bei seinem Gebrauchten zwangsläufig wesentlich weniger erlösen.
WamS: Den Käufern von Neufahrzeugen kann trotzdem nichts Besseres passieren
Wiedeking: das stimmt nicht. Wenn der Käufer Bilanz zieht, wird er feststellen, dass er durch Rabattmaßnamen unterm Strich nur drauflegt. Vor allem dann, wenn die Werthaltigkeit ein entscheidendes Kaufmotiv für ihn ist.
WamS: Aber wenn die Nachfrage sinkt, muss doch auch Porsche mit den Preisen runter.
Wiedeking: Nein, höchstens mit den produzierten Stückzahlen. Denn die Preis-Wert-Funktion von Porsche stimmt heute. Dank unseres flexiblen Produktionssystems und der Bereitschaft unserer Belegschaftsvertreter können wir unsere Produktion jederzeit anpassen.
WamS: Dem Umsatz hilft das aber nicht. Ist Ihnen das völlig egal?
Wiedeking: Umsatz ist nicht alles. Wir denken langfristig. Und dadurch wird die Marke gestärkt. Das gelingt aber nur, wenn der Kunde ein hohes Vertrauen in die Werthaltigkeit der Produkte hat. Autohersteller, die ihren Verkauf durch Rabatte ankurbeln, setzen die Werthaltigkeit ihrer Marke aufs Spiel und spielen dadurch mit dem Kunden von morgen. Und genau das wollen wir nicht. Wir sind an langfristigen Kundenbeziehungen und langfristiger Werthaltigkeit der Marke interessiert.
WamS: Inwiefern unterscheiden sich da Luxus- von Volumenherstellern?
Wiedeking: Große Unterschiede gibt es da nicht. Viele Autohersteller spekulieren mit ihrer Rabattpolitik auf eine bessere wirtschaftliche Zukunft. Wenn Sie etwa Leasingangebote bestimmter Hersteller studieren, werden Sie feststellen, dass heute sogar schon manche Neuwagen subventioniert werden. Die Hersteller hoffen, dass sich der Markt zum Ende des Leasingvertrages wieder beruhigt hat. Tritt das nicht ein, droht diesen Unternehmen ein hoher Wertberichtigungsbedarf. Dieses Risiko möchten wir auf keinen Fall eingehen.
WamS: Aber versteht das der Kunde? Der achtet doch nur auf den Preis.
Wiedeking: Aus Kundensicht ist das System in der Tat nur schwer zu verstehen. Der Kunde glaubt, er mache mit dem Rabatt das Geschäft seines Lebens. Aber der Deal wird ihm langfristig zum Schaden gereichen. Denn mit der Discount-Marke hat er auf Dauer keinen Spaß. Der Substanzwert der Produkte wird immer stärker zerfallen. Das gilt nicht nur für kleinere Hersteller wie Porsche, sondern auch für die Großen.
WamS: Aber die müssen doch so reagieren, weil die Produktion gar nicht so schnell angepasst werden kann.
Wiedeking: Trotzdem beschädigt diese Politik auf Dauer die Marke.
WamS: Und warum haben Sie dann in den USA den Boxster auch einmal mit 500 Dollar Rabatt verkauft?
Wiedeking: Als der neu überarbeitete und leistungsstärkere Boxster zum gleichen Preis wie der Vorgänger auf den Markt kam, gaben wir das Auslaufmodell, von dem noch einige wenige bei den Händlern standen, günstiger ab. Das ist in der Branche üblich, sonst bringt man die Auslaufmodelle nicht mehr an den Mann.
WamS: Aber der Boxster ist anders als der 911 nicht so konjunkturresistent. Mit Rabattaktionen könnten Sie den Absatz ankurbeln.
Wiedeking: Wir bilanzieren nur den Gesamtabsatz. Dass wir die Rückgänge beim Boxster durch unseren Geländewagen Cayenne mehr als ausgleichen können, wussten wir vorher. Wir haben ein Absatzplus von 20 Prozent, was sich ja durchaus sehen lassen kann. Und das bisher beste Ergebnis in unserer Geschichte, das wir im vergangenen Jahr eingefahren haben, werden wir im laufenden Geschäftsjahr, das am 31. Juli endet, nochmals toppen.
WamS: Was machen Sie anschließend, falls die Konjunktur weiter am Boden bleibt?
Wiedeking: Dann bauen wir weniger Autos. Das Markenkapital riskieren wir jedenfalls nicht. Ein Kunde, der schon mal zehn oder 15 Prozent Nachlass bekommen hat, akzeptiert auch später nie mehr den Listenpreis.
WamS: Und wie viel Prozent bekommt man, wenn man einen Porsche kauft?
Wiedeking: In den USA liegen die Händlerrabatte durchschnittlich bei 2,6 Prozent. In Deutschland sind es knapp über drei Prozent.
WamS: Wann zieht die Autokonjunktur wieder an?
Wiedeking: Das dauert noch. Das USA-Geschäft läuft unterm Strich für uns gut. Im Mai hatten wir dort den besten Monat, den wir je hatten, und auch der Juni läuft gut. In Deutschland liegen die Fahrzeugzulassungen aber nach wie vor zurück. Da haben wir noch eine schwierige Zeit vor uns. Wirtschaftliche Impulse sehe ich nicht vor dem kommenden Jahr.
WamS: Rechnen Sie mit einer Rabattschlacht in Deutschland, ähnlich wie in den USA?
Wiedeking: Entscheidend ist, dass der Hersteller dem Händler nicht unbedingt ins Geschäft greifen darf. Wenn Händler lediglich Umsatz machen wollen, verkaufen sie manchmal auch mit hohen Nachlässen. Den Begriff "Schlacht" halte ich für übertrieben und in der Sache auch für nicht angemessen.
WamS: Sie sprechen viel von Markenwert. Wie ist es um die "Marke Deutschland" bestellt?
Wiedeking: Regierung und Opposition arbeiten jetzt bei wichtigen Reformen zusammen. Das macht mir Mut, dass wir die notwendigen Aufgaben endlich in Angriff nehmen. Für Spielereien haben wir keine Zeit mehr. Es kann nicht sein, dass jeder Vorschlag, den einer macht, von der gegnerischen Seite sofort niedergemacht wird.
Das Gespräch führte Ulrich Reitz.
Artikel erschienen am 22. Jun 2003
Kann einer sagen was er will: Der Junge ist gut...ich wäre froh wenn alle in der Automobilindustrie so hell wären, denn dann wäre, einer der wenigen Industriezweige in denen wir noch führend sind, besser gesichert.
Gruß Stefan
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Gruß Stefan
I am not young enough to know everything ..... James Matthew Barrie
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