Schöne passende Beschreibung 993
Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft
von P. Laub
Was? Sie können nicht verstehen, dass von einer "Maschine" eine Faszination ausgehen soll? Nun ja, nennen Sie ihn nur abfällig "Maschine", ich sage: una bella macchina!
Na los, kommen Sie halt mit. Ich zeige Ihnen meinen Porsche 993. Stopp, stopp, bleiben Sie doch mal stehen. Nicht einfach einsteigen. Nehmen Sie sich doch Zeit, sich die Formen und Proportionen anzuschauen. Sie sagen: ein Neunelfer eben. Ich sage: Ja, ein Neunelfer aufgrund seiner Silhouette, die Herkunft ist nicht zu verleugnen. Aber schauen Sie sich doch mal das Heck des 993 an: Erinnert mich irgendwie an die muskulöse Erscheinung des Hinterteils eines kauernden Löwen, bereit zum Sprung, bereit, seine Kraft spielen zu lassen. Und diese Anmutung erscheint mir einmalig in der Typengeschichte des Neunelfers. Seine Vorfahren und mittlerweile Nachfahren sind in dieser Hinsicht nicht so gut bestückt. Und was ebenfalls auffällt: Der Klang des luftgekühlten Boxermotors entweicht aus zwei ovalen Trompeten, eine Symmetrie, die gefällt. Die Front des 993 bohrt sich unnachgiebig in den Fahrtwind. Die einst steiler gestellen Scheinwerfer der Vorgängermodelle sind einer dem Gesamteindruck huldigenden flacheren Formgestaltung gewichen. Schauen Sie doch genau hin. Die Aussenspiegel und die 17 Zoll Aluminiumfelgen im Cupdesign sind eine Augenweide. Aber warten Sie nur ab, wenn Sie erst mal im Auto sitzen, werden Sie sich dabei ertappen, jede grosse Schaufensterfront zu nutzen, um sich an dieser Form zu ergötzen. So, jetzt haben Sie genug gehört, was Sie sehen sollen. Steigen Sie bitte ein.
Haben Sie gehört, wie die Türen schliessen? Kein Limousinen-Plopp, nein, ein metallisches, safetypisches Klack. Wie? Da hätte ich Recht? Ach so, Sie meinen es hätte ebensoviel Platz wie in einem Safe. Zugegeben ein Raumwunder ist er nicht, aber verstehen Sie doch: ein Sportwagen ist kein Lastentaxi! So, jetzt bitte absolute Ruhe: Psssst! Der Motor wird gestartet: ein einmaliges Kunstwerk der Ingenieurwissenschaft. Sechs Zylinder mit 3.6 Litern Hubraum. Ein luftgekühlter Boxermotor mit Trockensumpfschmierung und 272 Pferdestärken, der im Heck des Autos, direkt hinter der Hinterachse seine Kraft entfaltet. Auch wenn Sie es nicht hören wollen: es ist Musik. Hier wird eine Symphonie gespielt. Dumpfes und tiefes Bassgrollen bei niedrigen Drehzahlen, das sich zu einem wahrhaft fulminaten, orkanartigen Tosen über 4000 Umdrehungen pro Minute entwickelt. Können Sie mich noch verstehen? Was? Der Motor ist zu laut? Nein, hören Sie doch hin, es ist Musik! Und das Schöne dabei: man selbst ist der Dirigent. Unterbrochen durch das dem 993 ureigene metallische Klacken der Schaltvorgänge faucht und hechelt hier der letzte luftgekühlte Boxer. Der Verbrauch, fragen Sie? Seien Sie doch nicht so! So ein Spitzensportler isst doch auch mehr wie Unsereins, der ein paar Meter joggt. Haben Sie sich denn den Innenraum schon richtig angeschaut? Erinnert Sie an "früher"! Aha. Zugegeben, da hat sich seit den Siebzigern nicht viel getan. Aber gerade das macht wiederum den Charme aus. Brauche ich wirklich mehr, als gut ablesbare Instrumente eingebettet in ein wohlgeformtes Cockpit? Ja, der 996 bietet da mehr: Cupholder hier, Lordosenstütze da. Aber ich frage Sie: Wozu, in einem Sportgerät wie diesem? Unverwechselbar und klassische schlicht zeigt sich in diesem Fall nur das 993 Cockpit. Spätestens in der ersten etwas zügig durchfahrenen Kurve werden Sie merken: Die Sitze passen wie Handschuhe. Und glauben Sie mir: Die Lenkung könnte nicht präziser sein.
Ob Sie mal fahren dürfen? Mmhh, aber bitte vorsichtig, so hat es bei mir auch angefangen. Die Kupplung geht schwer? Also, da darf ich Ihnen sagen, hätten Sie mal einen 964 gefahren, würde Ihnen nur ein Wort einfallen: leichtgängig! Aber es ist richtig: Im Vergleich zu anderen Autos muss man ein wenig mehr Kraft aufwenden. Es sei Ihnen jedoch versichert, dass es nur dem verbesserten Kraftschluss dient und nicht dem Martern Ihrer linken Beinmuskulatur. Ja, die Beschleunigung ist toll. Wie an einem Gummiband gezogen, eilen wir dahin. Und selbst jenseits der 200er Marke will sie nicht enden. Aber geniessen Sie vielmehr die Strassenlage. Wie auf Schienen zirkeln wir durch die Kurven. Die Federung ist hart, aber dennoch komfortabel genug, um auch längere Reisen ohne Bandscheibenvorfall zu überstehen. Die Rückmeldung an den Fahrer ist sensationell. Man kann sehr schnell fahren und wahrscheinlich schneller, als mit den meisten Autos. Aber bedenken Sie: Physikalische Grenzen gelten auch in einem 993. Besonders die Fliehkräfte ziehen und rupfen am Heck. Und wer den Moment des Ausbruchs bereits erlebt hat, weiss, dass gewisse Besonnenheit speziell bei Regen angebracht ist. Nicht umsonst sehe ich häufig havarierte Neunelfer auf dem Hof meines Porschezentrums, deren Heck Bekanntschaft mit der Leitplanke machte. Aber trauen Sie sich nur ein bisschen. Es ist trocken und niemand auf der Strasse. Oje, da seh' ich doch einen mir nur allzugut bekannten Glanz in Ihren Augen. Und was macht dieses zufriedene Grinsen in Ihrem Gesicht? Lassen Sie uns nach Hause fahren! Was? Sie wollen nicht? Na gut, noch ein paar Kilometer.
Ich hätte es ihm eigentlich sagen müssen: Das einzig Negative am 993 Fahren ist, dass es dich nicht mehr losslässt.
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